28
E. Bevölkerung.
brawka, einer Tochter des christlichen Böhmenherzogs, mit seinem Volke
das Christentum an (965). Er errichtete das Bistum Posen, das von
Kaiser Otto I. dem Erzstifte Magdeburg unterstellt wurde, und erbaute den
Dom zu Gueseu.
Seiu Sohn Bo le s law der Tapfere errang die Alleinherrschaft über
alle polnischen Länder und drang erobernd bis Kiew vor. Er unterstützte
den heil. Adalbert (ch 997) bei seinen Bekehrungsversuchen im heidnischen
Preußenlande, kaufte später den Leichnam dieses Märtyrers von den Heiden
und setzte ihn im Dom zu Gnesen bei. Das Grab des heil. Adalbert wurde
bald eine berühmte Wallfahrtsstätte. Auch Kaiser Otto Iii. machte im
Jahre 1000 eine Pilgerfahrt nach Gnesen und wurde von Boleslaw mit
großen Ehren aufgenommen. Er erließ diesem die weitere Zahlung von
Tribut und errichtete in Gnesen ein Erzbistum. Nach dem Tode
Ottos Iii. erklärte Boleslaw Polen für unabhängig vom Deutschen Reiche
und unternahm mehrere Kriegszüge in die deutschen Reichsländer.
Durch viele Teilungen und innere Parteikämpfe sank Polen indes bald
wieder vom Gipfel der Macht. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts regierten
mehr als ein Dutzend Herzoge ans dem Hanse der Piasten unabhängig neben-
einander. Da gelang es Wladislaus I. (Lokietek — der Ellenlange), Groß-
und Kleinpolen zu einem Reiche zu vereinigen; mit Genehmigung des Papstes
und ohne Widerspruch des Deutschen Reiches ließ er sich vom Erzbischof zu
Gnesen in Krakau zum Könige von Polen krönen, 1320. Doch mußte
bereits dieser erste Polenkönig dem immer mächtiger werdenden Adel Anteil
an der Gesetzgebung einräumen. Der letzte Herrscher aus dem Hanse der
Piasten war sein Sohn Kasimir Iii., der Große, ein weiser Gesetzgeber,
Vater der unterdrückten Bauern, Gründer der Universität Krakau und Freund
deutscher Kolonisten in seinem Reiche.
3. Die Jagclloncn (1386—1572). Der Stammvater des mächtigen
Herrschergeschlechts der Jagellonen war der Großfürst Ja gell o von
Littauen. Er vermählte sich 1386 mit Hedwig, einer Verwandten des
letzten Piastenkönigs und Erbin des polnischen Königsthrones, und vereinigte
so Polen und Littauen zu einem Reiche. Seine Macht wurde besonders dem
Deutschen Orden gefährlich, den er in der Schlacht bei Tannenberg 1410
vollständig besiegte.
Unter seinen Nachfolgern breitete sich das Reich von der Ostsee bis zum
Schwarzen Meer ans und war der mächtigste Staat im Osten Europas. Auch
Westpreußen und Ermland gehörten dazu, und Ostpreußen mußte die polnische
Oberhoheit anerkennen. Trotz dieser äußern Machtstellung verfiel das Reich
immer mehr im Innern. Im Osten aber befreite sich in dieser Zeit das
Großfürstentum Moskau vom Joch der Mongolenherrschaft und bildete den
Anfang des großen Russenreichs, das später für Polen so verhängnisvoll
werden sollte. 4
4. Das Wahlrcich (1572—1795). Die königliche Macht sank zur
Zeit des Wahlreichs zu einem bloßen Schatten herab. Die Wahlkönige
mußten dem mächtigen Adel so große Rechte und Freiheiten gewähren, daß
Polen nur scheinbar ein Königreich, tatsächlich aber eine Adclsrepublik war.
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Extrahierte Personennamen: Otto Boleslaw_I. Chrobry Otto Boleslaw Boleslaw Otto Apostels Otto Ottos Boleslaw Ottos Heinrich_Ii Heinrich Boleslaw Boleslaw Wladislaw_I.
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
17
B. Blicke in die Vergangenheit Pommerns.
I. Otto von Dambcrg, der Apostel der Pommern.
(Is. Juni 1124.)
1. Die wendischen Bewohner Pommerns waren noch wilde,
hartnäckige Heiden, während die stammverwandten Polen bereits
der christlichen Kirche angehörten. Zwar hatte sie Boleslaus Iii.
von Polen seiner Oberhoheit unterworfen, aber das Christenthum fand
bei ihnen keine Stätte. Da wandte sich Boleslaus mit dringen-
den Bitten an den frommen Bischof Otto von Bamberg, er solle
doch kommen und die heidnischen Pommern der Kirche Christi ge-
winnen. Otto erkannte darin den Ruf des Herrn und mit Recht;
denn er war wie kein Anderer vorbereitet für den schweren Missions-
dienst unter den pommerschen Heiden. Lange war er Kapellan und
Geheimschreiber am polnischen Hose gewesen und hatte in dieser Stel-
lung das slavische Wesen kennen gelernt. Dann wurde er Kanzler
und Siegelbewahrer des deutschen Kaisers und stand als Wohlthäter
der Armen und kunstverständiger Bauherr schon damals in hohem
Ansehen. So geschah es, daß ihm der Kaiser das erledigte Bisthum
Bamberg verlieh, obwohl viel Hohe von Geburt darnach strebten.
Bei seinem feierlichen Einzuge stieg er am Eingänge der Stadt vom
Rosse und wallete demüthig an dem scharfen Wintertage über hoch-
liegenden Schnee barfuß in die Domkirche zu Bamberg, um zum
Bischof geweiht zu werden. Bald erlangte Otto hohen Ruhm; denn
er war von hoher, edler Gestalt und angenehmen Sitten, dabei aber
von Herzen demüthig, und verwendete seine reichen Einkünfte zur
Gründung von Kirchen und Klöstern und zur Pflege der Armen.
Alle einzelnen Kranken in Bamberg kannte er und sorgte für sie.
Besonders eifrig und geschickt war er im Religions-Unterricht des
Volkes. Einst brachte man ihm einen sehr theuren Fisch zur Tafel.
Da sprach er zu seinem Haushalter: „Fern sei es, daß der elende
Otto heute allein so viel Geld verzehren sollte. Bring diesen kost-
baren Fisch meinem Herrn Christus. Bring ihn demselben, wo du
Einen auf dem Krankenlager findest." Zu einer andern Zeit ward
ihm ein köstlicher Pelz zum Geschenk gesendet. „Ich will die kostbare
Gabe so gut aufbewahren," rief der Bischof, „daß keine Diebe sie
stehlen und keine Motten sie verzehren können" — und warf den
Pelz- einem armen gichtbrüchigen Kranken um.
2. Dieser Mann nun vertauschte die Herrlichkeit seines Bischofs-
sitzes mit dem Dornenwege des Missionars. Auf seinem Zuge zu-
nächst nach Polen wird er überall feierlich und ehrerbietig empfangen.
Von Gnesen kommt ihm der polnische Herzog mit der Geistlichkeit
und zahllosem Volk barfuß entgegen. Er spendet ihnen seinen Segen
und fleht am Grabe des heil. Adalbert um Gelingen für sein schweres
Werk. Reichlich versehen mit kostbaren Meßgewändern, Kelchen und
Pcmmern. _ o
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Extrahierte Personennamen: Otto Dambcrg Apostel Boleslaus Otto Otto Otto Otto Christus
Extrahierte Ortsnamen: Pommerns Pommern Pommerns Bamberg Christi Bamberg Bamberg Gnesen
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Askanier, oder Gründung und Dlüthezeit der Mark Brandenburg.
17
lass. Diesem zu Ehren glimmt dort auf dem breiten Steine
ein kleines Garbenopfer, auch mit frischem Lammblute benetzt man
seinen dürren Mund. Da, urplötzlich, erscheint der treue Wächter,
der Bischof Dodelin, in der heimlichen Heiden Mitte, furchtlos, und
ruft zur Buße und zum Gericht. Hoch erhebt er ein goldenes
Crucifix, das Götzenbild aber stürzt er in die Opfergluth. Voll
Grimm und Entsetzen rafft es der Heidenpriester aus der Flamme
und schleudert es hart auf den Bischof, daß er hinsinkt in Todes-
nacht. — Unter den Nachfolgern Otto I. wurde die Mark mit Mühe
erhalten. Da gingen die spärlichen Kirchen zwischen Elbe und Oder
in Flammen auf, und die Priester waren froh, wenn sie das nackte
Leben auf das linke Elbufer retteten.
Die Mark unter den Askanicrn,
oder Gründnnq und Dlüthezeit der Mark Brandenburg.
(1134 — 1320.)
2. Albrecht der Kär und seine nächsten Nachfolger.
1. Wie die Mark Brandenburg gegründet wurde. Im
Jahre 1142 kam Albrecht, der Bär zubenannt, aus dem Hause der
Grafen von Ballenstädt, in den ungestörten Besitz der Nordmark.
Er und seine Nachfolger hießen auch Anhaltiner, von ihrem Schlöffe
Anhalt aus einem Felsen des freundlichen Selkethales, oder Askanier,
von ihrem später» Wohnsitze zu Aschersleben, auch Askania genannt.
Jenseits der Elbe, in dem Wendenlande, lag für den Helden ein
Feld kühner Thaten. Den häufigen Einfällen der Wenden von dort-
her setzte er ein Ziel, eroberte zunächst die Priegnitz und gründete
dort die Festen Perleberg und Wittstock. An sein Land stieß das
Reich des Wendenfürsten Pribislaw mit der Hauptstadt Branden-
burg. Dieser, kinderlos, überging seine erbberechtigten heidnischen
Verwandten und vermachte nach seiner Taufe sein Land dem ihm
befreundeten Albrecht. Schon 1142 starb Pribislaw, und Albrecht
nahm das Havelland bis Spandau in Besitz. Hierdurch wurde die
Mark Brandenburg gegründet.
2. Das Schild Horn. Zu Köpenick an der Spree wohnte der
Wendenfürst Jaczo, ein Neffe Pribislaw's. Er erhob sich gegen den
Markgrafen Albrecht und erstürmte Brandenburg. Der herbeieilende
Bär entriß es ihm wieder und zwang ihn auf den Feldern zwischen
Groß-Glinicke und Spandau zur Schlacht. Vor dem Banner des
Kreuzes wichen die wendischen Schaaren, um dem Christengott unter
dem Schutze der Nacht zu entrinnen. Jaczo wandte sein Roß erst
zur Flucht, als er sich von den Seinen verlassen sah. Plötzlich
hemmt die Havel seinen Lauf, und hinter ihm ist der Feind. Eine
Landzunge streckte sich von der andern Seite her quer in den Fluß
'hinein und verengte denselben. „Gott der Christen," ruft der Hei-
denfürst in höchster Noth, „rette mich aus dieser Gefahr, so will ich
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Schulformen (OPAC): Volksschule
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
22
Blicke in die Vergangenheit Sachsens.
pellen zu Ehren Gottes des Vaters und seines Sohnes, Jesu Christi.
Noch heute bezeichnet auf einer Anhöhe unweit Georgenthal im
Thüringer Walde ein mächtiger Denkstein die Stätte, wo Bonifacius
das erste Kirchlein baute. In Erfurt wurde ein Bischof eingesetzt
unter dessen Pflege alle Kirchen und Gemeinden, die gegründet wur-
den, standen; Bonifacius selbst aber wurde Erzbischof von Mainz.
(Volksschul-Lesebuch Thl. Iii, S. 294—298. Auszug S. 300 u. 301).
2. Die Bekehrung der Sachsen. Als Bonifacius gestorben
war, erweckte Gott im Frankenreiche einen mächtigen König, Karl
den Großen; dieser hat blutige und hartnäckige Kriege mit dem
mächtigen Sachsenvolke geführt, um sie zum Chnstenthume zu be-
kehren, bis es ihm gelang, den Herzog Wittekind nicht blos zu
besiegen, sondern auch zur Taufe willig zu machen.
Die Nachkommen Karl's des Großen setzten über Sachsen und
Thüringen Herzöge; ein solcher war Heinrich mit dem Bei-
namen der Vogelsteller oder Finkler. Er war ein weiser und
streitbarer Fürst und wurde deshalb zum deutschen Könige gewählt.
Als man ihm die Reichskleinodien: Schwert, Lanze und Mantel, über-
brachte, war er gerade mit Vogelfängen beschäftigt; daher erhielt er
den Namen Vogelsteller oder Finkler (Volksschul-Lesebuch Thl. Ich S. 152).
Die Slaven hatten die Sachsen und Thüringer im Laufe der Zeit
immer mehr nach dem Westen gedrängt, und slavische Völkerschaften,
Wenden und Sorben, waren bis an die Saale vorgedrungen.
Wie nun Heinrich die Ungarn besiegte, so brachte er auch die
Wenden zur Ruhe und gründete an der Elbe zwei Schirmvogteien^
um das deutsche Reich im Osten gegen ihre Einfälle zu schützen; das
war die heutige Altmark und die Mark Meißen.
3. Nach diesen Thaten hielt Heinrich zu Erfurt als Schirm-
vogt der christlichen Kirche in Deutschland eine Kirchenversammlung
und am Ende seines Lebens auch einen Reichstag, auf dem er alle
Herzöge und Grafen seines Reiches um sich versammelte, und sein
Sohn Otto zu seinem Nachfolger ernannt wurde. Auf dem Rück-
wege trat er im Kloster Mem leben ab; dort starb er am 2. Juli
936. Der mächtige Kaiser Otto I. setzte den Kamps gegen die
Ungarn und Slaven fort. Als er am 10. August 955 in Bayern
am Lech den Schaaren der Ungarn gegenüber stand, gelobte er dem
Herrn, daß, wenn er ihn aus dieser Schlacht als Sieger zurückkehren
lasse, er zu Merseburg ein Bisthum stiften und einen Dom -auf-
führen wolle. Gott erhörte sein Gebet; von 60,000 Ungarn sollen
nur 7 mit abgeschnittenen Ohren in ihre Heimath zurückgekehrt sein.
Er gründete nicht nur das Bisthum Merseburg, sondern auch die
Bisthümer Zeitz und Meißen, um dadurch das Christenthum in
den thüringischen Landen und in den den Wenden abgerungenen Ge-
bieten zu sichern. Sämmtliche drei Bisthümer ordnete er dem Erz-
stift Magdeburg unter. Damit war aber noch nicht das ganze
Land an der Saale, Mulde, schwarzen Elster und Elbe zu
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Extrahierte Personennamen: Jesu_Christi Bonifacius Bonifacius Karl Karl Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich_zu_Erfurt Heinrich Otto Otto_I. August
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Schulformen (OPAC): Volksschule
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Einführung dcs Christenthums. — Ludwig der Eiserne.
23
einem christlichen gemacht; es vergingen noch über 100 Jahre, ehe
das Heidenthum ganz ausstarb.
Dort, wo einst der Vater Otto's gestorben war, ereilte auch ihn
der Tod; eine Kapelle in Memleben empfing seine irdischen Ueber-
reste, die spater nach Magdeburg gebracht und im Dome beigesetzt
wurden.
Um jene Zeit erhielten viele Städte Ringmauern, so Erfurt,
Merseburg, Naumburg, Eisleben, Sangerhausen u. a.
3. Ludwig der Eiserne, Landgraf non Thüringen.
Von 1140—1172.
In dem von Kaisern beherrschten deutschen Reiche hatten die ein-
zelnen Landestheile ihre besondern Regenten, welche allesammt unter
der Oberhoheit des Kaisers standen. So hatte Thüringen mit Sachsen
zusammen einen Herzog. Als nun der Herzog Lothar zum deut-
schen Kaiser gewählt worden war, erhob er den Grafen Ludwig
als Ludwig I. zum Landgrafen von Thüringen. Als solcher
war er der erste Richter und der Schirmherr über die Sicherheit und
Ruhe im Lande, ließ Münzen mit seinem Brustbilde auf der einen,
und dem thüringer Wappen (einem silbernen Löwen mit goldner
Krone in himmelblauem Felde) auf der anderen Seite, prägen, führte
das Volk zum Kampfe, wenn der Kaiser rief, und nahm unter den
deutschen Fürsten eine ehrenvolle Stellung ein. So hatte Thüringen
wieder einen selbstständigen Fürsten erhalten.
Dem Landgrafen Ludwig I. folgte sein ältester Sohn Ludwig,
der Eiserne genannt. Diesen Beinamen führte er nicht bloß von
dem Panzer, den er nie ablegte, sondern auch von seiner unerbitt-
lichen Strenge gegen die Edeln seines Landes, die Bürger und Bauern
hart drückten. In seiner Jugend war er gar sanft und mild gegen
Jedermann und daher von seinen Dienstmannen nur wenig gefürchtet;
diese begingen schreiende Ungerechtigkeiten gegen das Volk, aber Lud-
wig bekümmerte sich nicht um die Regierung und hörte auch von
den lauten Klagen nichts, sondern strich als rüstiger Waidmann oft
Tage lang im Thüringer Walde herum. Einst verirrte er sich von
seinem Gefolge; die Nacht überfiel ihn, und nach langem Umher-
schweifen erblickte er von fern das Feuer einer Waldschmiede; es war
in der Gegend von Ruhla. Da trat er zu dem Schmied, in grauem
Gewand, um den Nacken das Jägerhorn und in der Hand den Speer,
gab sich für den Jäger des Landgrafen aus und bat um Nachtlager;
da nahm der Schmied das Wort und sprach: „Pfui! schämen solltet
ihr euch, daß ihr den Namen des Landgrafen nennt, ohne euch zuvor
den Mund zu wischen." So schalt er noch gar viel über den Land-
grafen, und fügte dann milder hinzu: „Du sollst Herberge bei mir
finden, doch nicht um deines Herrn willen. Führe dein Roß in den
Schuppen, und nimm mit der Streu vorlieb; denn ein Bett ist bei
uns armen Leuten nicht vorhanden." Der Landgraf legte sich; aber
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Geschlecht (WdK): koedukativ
26
Blicke in die Vergangenheit Sachsens.
Conrad stammte aus dem Geschlechte der Grafen von Wettin;
von diesen stammt also auch das sächsische Königshaus ab.
Als Conrad alt geworden war, theilte er das Land unter seine
Söhne, und legte in der Domkirche zu Meißen in einer glänzenden
Versammlung von Fürsten, Bischöfen, Pfarrherren und Rittern seine
Waffen, die er oft gegen die Sorben und Wenden geführt hatte,
vor dem Altäre nieder; er begab sich dann in das von ihm und
seinem Bruder erbaute Kloster auf dem Peters berge bei Halle.
Hier beschloß er nach zwei Monaten, im Jahre 1157, sein unbeschol-
tenes christliches Leben.
Als das Fürstenhaus, welches über 100 Jahre über Thüringen
geherrscht hatte, ausstarb, kam das Land an die Markgrafschaft
Meißen. Nun schlugen Landgrafen aus dem markgräflichen
Geschlechte ihre Residenz auf der Wartburg auf und regierten von
da aus noch über 100 Jahre die thüringischen Lande.
6. Pest, Judenverfolgung und Vcißclbrüder.
In jener Zeit, am 25. Juni 1348, am Tage Pauli Bekehrung,
war ein furchtbares Erdbeben durch ganz Europa. Berge sanken
ein, Städte und Dörfer wurden verschüttet, Burgen und Thürme
stürzten zusammen. Die Glocken schlugen von selbst an, und unter ihrem
dumpfen Klange verließen die Leute ihre Wohnstätten. Die Hain-
laite, ein Bergwald bei Sonders hausen, ward so heftig er-
schüttert, daß sie zu spalten drohte, und noch heut zu Tage ist dort
ein mächtiger Riß zu schauen. Giftige Dünste stiegen aus den Spalten
hervor und verbreiteten eine der furchtbarsten Seuchen, die je die
Welt heimgesucht haben. Es war eine schreckliche Pest, der schwarze
Tod genannt, bei der sich zuerst eine Drüsenanschwellung in Größe
eines Eies, dann gelbe und schwarze Flecke am Körper zeigten; die
Krankheit war fast stets tödtlich; dabei war sie so ansteckend, daß
selbst Thiere todt hinsanken, die nur die Kleider eines Verstorbenen
berührt hatten. In Erfurt starben 12,000 Menschen, und das
Thüringerland verlor überhaupt den vierten Theil seiner Bewohner.
Da, im Angesichte des Todes, schlugen Viele in sich und starben in
Frieden. Ein zwölfjähriges Mädchen in Erfurt lag im Todeskampse;
mit verklärtem Blicke schaute sie gen Himmel, und als die betrübten
Eltern sie fragten, was sie so freudig mache, da antwortete sie: Ei,
seht ihr nicht den Himmel offen und unzählige Lichter darin? Das
sind die Seelen der selig Sterbenden; ich freue mich, zu ihnen zu
kommen; denn ich werde diese Nacht sterben, und meine Mutter
wird mir in drei Tagen Nachfolgen. So schlief sie in Frieden ein.
Es geschah aber, daß während dieser Pest weniger Juden als
Christen starben; das erweckte den furchtbaren Verdacht, daß sie aus
Rache gegen die Christen die Brunnen und Quellen vergiftet haben;
daher komme die furchtbare Seuche. Da fiel man in fast allen
Städten Thüringens über die Juden her und erschlug Tausende.
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Extrahierte Personennamen: Conrad Conrad Pauli
Extrahierte Ortsnamen: Sachsens Wettin Domkirche Wartburg Europa Erfurt Erfurt
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Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Miesko L und die Verbindung Polens mit Deutschland.
19
was dieses Wunder bedeute. Sie antworteten: Seine Blindheit deute
Polens Blindheit an, und Miesko werde es erleuchten und über alle
Nachbarvölker erheben. Und sie hatten Recht; denn Polen war früher
wirklich blind, da es noch den lebendigen Gott und sein Evangelium
nicht erkannte; durch Miesko wurde es aber erleuchtet; denn durch
ihn wurde das polnische Volk zur christlichen Kirche geführt.
3. Miesko I. und die Verbindung Polens mit Deutschland.
1. Bis zur Mitte des loten Jahrhunderts hatten die Piasten
ihre Herrschaft von der Wartha bis über die mittlere Oder, selbst
bis Niederschlcsien ausgedehnt; von der andern Seite waren die Deut-
schen seit König Heinrich I. von der Elbe bis gegen die Oder sieg-
reich vorgedrungen. Es war im Jahr 963, als der sächsische Graf
Wichmann, ein Verwandter Kaiser Otto d. Gr., aber als ein Feind
des Vaterlandes angeklagt, von dem Markgrafen Gero, der die
Grenzen der Slaven hütete, zu diesen entlassen wurde. Derselbe
besiegte mit Hülfe der Pommern den König Miesko. Seitdem war
der polnische Fürst ein „Mann" des deutschen Kaisers, zahlte Tribut,
leistete Heeresfolge und erschien in Person auf den großen Hoftagen
in Deutschland. Zwei Jahre nach seiner Besiegung warb er um die
Hand der Dubrawka, der Tochter Herzogs Boleslaw's von Böhmen,
der auch deutscher Lehnsmann war. Sie war eine eifrige Christin
und führte auch ihren Gemahl dem Christenthume zu. Als Freund
des Kaisers erfuhr Miesko von dem unruhigen Wichmann abermals
einen Angriff. Unterstützt von Schaaren böhmischer Reiter, zog er
vorsichtig seinem Feinde entgegen. Mit den Fußvölkern begann er den
Angriff und lockte die Feinde in einen Hinterhalt. Da brachen die
böhmischen Reiter hervor. Wichmann versucht zu Pferde zu entflie-
hen, als aber seine Verbündeten das als Verrath erklären, schwingt er
sich vom Pferde herab und kämpft männlich zu Fuß. In der Nacht
zieht er sich zurück. Von Hunger und der schweren Rüstung erschöpft,
kommt er am frühen Morgen zu dem Hofe eines Slaven. Dort
wird er von den Polen ereilt. Er will sich aber nur dem Polen-
fürsten selbst ergeben, und die Feinde ziehen wirklich ab, es diesem
zu melden. Da dringt ein neuer Haufe gemeinen Volkes herein.
Lange vertheidigt sich der tapfere Wichmann; endlich giebt er sein
Schwert einem der Mächtigem mit den Worten: „Nimm dies Schwert
und bring' es deinem Herrn, daß er es als ein Zeichen des Sieges
annehme und seinem Freunde, dem Kaiser, sende, auf daß Jener
wisse, er könne entweder einen getödteten Feind bewachen oder seinen
Verwandten beweinen." Darauf wendet er sein Angesicht gen Auf-
gang der Sonne, betet deutsch und stirbt. Seine Waffen erhielt der
Kaiser wirklich.
2. Leider begegneten die deutschen Markgrafen den unterworfe-
nen Slavenhäuptlingen mit Uebermuth, und selbst Miesko soll es
nicht gewagt haben, in seinem Pelze vor Markgraf Udo zu erschei-
2*
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Extrahierte Personennamen: Miesko_I. Heinrich_I. Heinrich_I. Graf
Wichmann Otto Gero Miesko Wichmann Wichmann Wichmann Udo
Extrahierte Ortsnamen: Polens Deutschland Polens Deutschland Niederschlcsien Deutschland Polen
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Blicke in die Vergangenheit der Provinz Posen.
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neu, oder, wenn jener stand, zu sitzen. Es kam zu einem neuen
Kampfe, in welchem fast alle Deutschen blieben; nur die beiden Gra-
fen derselben entrannen. Der Kaiser gebot Frieden und versprach,
den Streit zu schlichten. Kurz vor seinem Tode hielt er einen glän-
zenden Hoftag zu Quedlinburg. Hier waren die zahlreichen Fürsten
des deutschen Reichs, die hohe Geistlichkeit mit ihren Gefolgen um
den Kaiser versammelt. Gesandte ferner Völker verherrlichten den
Ruhm und bekundeten die Macht des römisch-deutschen Kaisers. Hier
erschienen auch die Fürsten der Polen und Böhmen als Mannen des
Kaisers und zogen reichbeschenkt und erfreut in die Heimath zurück.
Die Verbindung Miesko's mit Deutschland wurde noch inniger, als
er nach dem Tode seiner ersten Gemahlin die Tochter eines deutschen
Markgrafen heirathete. Diese, Oda, befestigte in Polen den christ-
lichen Glauben und schenkte eine Menge Gefangene dem Vaterlande
wieder. Als nun die dem deutschen Reiche zinsbaren Slaven zwi-
schen Oder und Elbe sich empörten, die Kirchen verbrannten, die
Christen erschlugen und den Dienst der alten Götter erneuten, da
kam Herzog Miecislaw mit zahlreichen Haufen seinen deutschen Freun-
den und Verwandten zu Hülfe, brachte auch dem deutschen Kaiser
unter andern Geschenken ein Kameel als Huldigung dar. Als ein
treuer Freund desselben starb Miesko 992 in hohem Alter. Große
Veränderungen im Glauben und in der Bildung seines Volkes haben
sich zu seinen Zeiten zugetragen oder wenigstens vorbereitet.
4. Die Einführung des Christenthums.
Polnische Geschichtsschreiber erzählen darüber Folgendes: Miesko
hatte 7 Kebsweiber, aber keinen Erben. Katholische Einsiedler, -die
das Licht des christlichen Glaubens schon in den polnischen Wäldern
leuchten ließen, ertheilten ihm den Rath, er solle seine Kebsweiber
abschaffen und sich taufen lasten; dann werde ihm Heil widerfahren.
Darauf wirbt Miesko um die böhmische Prinzessin. Sie wird ihm
nur unter denselben Bedingungen zugesagt. Da beruft Miesko den
Rath seiner Großen. Sie sind verschiedener Meinung, und man
verschiebt die Entscheidung auf den künftigen Morgen. Aber in der
Nacht giebt es ihnen der Herr in's Herz, daß sie in die Forderung
des Böhmenherzogs willigen. Die Braut kommt mit reicher Aus-
steuer, sie wird von den polnischen Edlen unter großer Pracht nach
Gnesen geführt und hier mit großem Gepränge vym Herzog em-
pfangen. Alle edlen Frauen und Jungfrauen des Landes sind im
höchsten Schmucke versammelt. Kurze Zeit darauf empfängt nun der
Herzog sammt seiner Schwester, den Baronen, Edlen und Ersten aus
den Städten seines Landes die heil. Taufe, er nimmt das heil. Abend-
mahl, und sein Bund mit Dubrawka erhält den Segen der christl.
Kirche. Nun folgen prächtige Feste, dann kehren die böhmischen Ge-
sandten reichbeschenkt in die Heimath zurück. In Polen aber werden
überall die heidnischen Götzenbilder zerbrochen und sammt ihren Tem-
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Extrahierte Personennamen: Miecislaw Miesko
Extrahierte Ortsnamen: Quedlinburg Deutschland Polen Gnesen Polen
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
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Geschlecht (WdK): koedukativ
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Blicke in die Vergangenheit der Provinz Posen.
2. Da ereignete es sich, daß Kaiser Otto Iii., zu dessen Ohren
die Kunde von den Wundern am Grabe seines Freundes, des heil.
Adalbert, gedrungen^ war, den Drang in sich fühlte, dieses Grab
selbst zu besuchen und an demselben zu beten. Es war am Ende
des Jahres 999, als Otto von Rom aufbrach; im Winter des Jah-
res 1000 kam er an die,Grenze des polnischen Gebietes. Da em-
pfing ihn Herzog Boleslaw mit großen Ehren und führte ihn in
glänzendem Zuge gen Gnesen. Im Angesichte der Stadt entblößte
Otto seine Füße und nahte sich ihr unter Gebet. Ehrfurchtsvoll
empfing ihn der Bischof Unger und führte ihn zur Kirche. Dort
betete der Kaiser mit vielen Thränen, daß der Heilige Fürsprache für
seine Sünden bei Gott einlegen möge. Drei Tage lang feierte der
Polenherzog die Anwesenheit seines kaiserlichen Gastes durch prächtige
Feste. Jeden Tag erschienen andere und immer kostbarere Geräthe
auf den Tafeln, und als die Feste zu Ende gingen, sandte Boleslaw
die goldenen und silbernen Schalen, die Messer, die Trinkhörner, die
kostbaren Decken als Gastgeschenk in des Kaisers Kammer. Und der
Kaiser war auch erkenntlich; als Herr des römisch-deutschen Kaiser-
thums nannte er den Polenherzog „des römischen Volkes Freund und
Bundesgenossen" und schmückte das Haupt desselben mit der eigenen
Krone. Zu Ehren des Heiligen erhob er Gnesen zum Erzbisthum und
ordnete ihm die Bischöfe von Colberg, Krakau und Breslau unter.
Hierdurch bestätigte der Kaiser zugleich des Boleslaw Eroberungen;
dieser mußte aber durch so hohe Auszeichnung zugleich einen noch
höhern Begriff von seiner Macht bekommen. Er geleitete zwar noch
mit großem Gefolge den Kaiser bis Magdeburg, aber kaum waren
2 Jahre verflossen, da brach ein langer Kampf zwischen ihm und
den Deutschen aus.
3. Bald nach Otto's Tode brach Boleslaw gegen die Elbe auf
und eroberte Meißen, drang auch noch weiter vor. Dann, als
Thronstreitigkeiten in Böhmen ausgebrochen waren, führte er den ver-
triebenen Böhmenherzog Boleslaw Rothhaar wieder nach Prag zu-
rück. Der wüthete dort grausam gegen seine Feinde, weshalb sich
die Böhmen um Hülse an Boleslaw von Polen wendeten. Dieser
hatte das erwartet. Oft hatte er mit dem Böhmen geschmaust; jetzt
lud er ihn wieder zu einem Gastmahle ein, ließ den von den Freu-
den des Mahles Gesättigten fangen, blenden und auf eine Burg nach
Polen abführen; er selbst aber eilte mit einem Heere nach Prag,
ward freudig empfangen und nahm Böhmen in Besitz. — Jetzt
machte Boleslaw se.lgend und brennend furchtbare Einfälle über die
deutsche Grenze und schleppte Tausende von wehklagenden Gefange-
nen mit sich fort. Da brach ein deutsches Heer in Böhmen ein,
und die Böhmen selbst, der polnischen Herrschaft müde, öffneten dem
deutschen Kaiser Heinrich Ii. das Land. Auch Prag verloren die
Polen. In der Morgendämmerung, als das Horn des Hirten, der
die Heerden in gewohnter Weise aus der Stadt trieb, ertönte, stürzten
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Extrahierte Personennamen: Otto Otto Boleslaw Boleslaw Otto Unger Boleslaw Boleslaw Colberg Boleslaw Boleslaw Boleslaw_Rothhaar Boleslaw Boleslaw Boleslaw Heinrich_Ii Heinrich